Rückstellungen

Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

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Bei Besprechungen mit dem Steuerberater kann es immer wieder zu Diskussionen über die Frage kommen, wie Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen zu behandeln sind. Hierzu können die Ausführungen der Oberfinfanzdirektion Magdeburg vom 21.09.06, S 2137-41 – St 211 und das Urteil des BFH vom 18.01.2011 X R 14/09, veröffentlicht am 06.04.2011  hilfreich sein.

Besteht eine Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen?

Wegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufbewahrung von entstandenen Geschäftsunterlagen ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, so ausdrücklich das  BFH-Urteil vom 19.8.2002, BStBl. II 2003, S. 131, vgl. BC 12/2002, S. XII.

Der 10 jährigen Aufbewahrungspflicht unterliegen vor allem:

Jahresabschlüsse mit allen dazugehörigen Unterlagen,
Buchungsbelege (§ 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 3 AO) sowie
Ein- und Ausgangsrechnungen (§ 14b UStG).
Handels- und Geschäftsbriefe sind sechs Jahre lang aufzubewahren (§ 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 3 AO).

Werden Unterlagen freiwillig länger aufbewahrt, fehlt es an der rechtlichen Verpflichtung. Eine Rückstellung kommt insoweit nicht in Betracht.

Bewertung der Rückstellung

Die Rückstellung ist mit dem Betrag zu passivieren, der nach den Preisverhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags für die Erfüllung von Verpflichtungen voraussichtlich notwendig ist. Die Sachleistungsverpflichtung ist mit den Einzelkosten und einem angemessenen Teil der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG).

Bei der Berechnung sind folgende Kosten einzubeziehen:

Einmaliger Aufwand für die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Unterlagen, ggf. Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung und Datensicherung, Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom). Der anteilige Aufwand kann aus Vereinfachungsgründen entsprechend dem Verhältnis der Fläche des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt werden (vgl. auch H 4.7 [Nebenräume] EStH 2005 und das dort genannte BFH-Urteil vom 5.9.1990, BStBl. II, 1991, S. 389, betr. ein Archiv in einem Kellerraum eines Wohnhauses), es sei denn, dies führt zu einem – offenbar – unangemessenen Ergebnis (vgl. auch R 4.2 [6] EStR 2005), Einrichtungsgegenstände (AfA für Regale, Schränke), anteilige Personalkosten, z.B. für Hausmeister, Reinigung, Lesbarmachung der Datenbestände.

Nicht rückstellungsfähig sind

anteilige Finanzierungskosten für die Archivräume (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG – Beschränkung auf Einzel- und notwendige Gemeinkosten),
die Kosten für die künftige Anschaffung von Regalen und Ordnern (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG),
die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sowie
die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.

Berechnung der Rückstellung

1. Variante:

Die jährlichen Kosten werden für die Unterlagen eines jeden aufzubewahrenden Jahres gesondert ermittelt. Dieser Betrag ist dann jeweils mit der Anzahl der Jahre bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu multiplizieren.

2. Variante:

Die jährlich anfallenden Kosten für einen Archivraum, in dem die Unterlagen aller Jahre aufbewahrt werden, können mit dem Faktor 5,5 multipliziert werden (durchschnittliche Restaufbewahrungsdauer bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren).

Eine Unterscheidung zwischen den zehn und den sechs Jahre lang aufzubewahrenden Unterlagen kann i.d.R. aus Vereinfachungsgründen unterbleiben, es sei denn, dies führt zu einem (offenbar) unangemessenen Ergebnis.

Die Aufwendungen für die Einlagerung, Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung und Datensicherung fallen nur einmal an (vgl. Buchst. a); sie sind deshalb nicht zu vervielfältigen.

c) Eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist nicht abzuzinsen. Für die Abzinsung wäre nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend. Da die Aufbewahrungspflicht aber mit dem Entstehen der Unterlagen beginnt (§ 257 Abs. 5 HGB, § 147 Abs. 4 AO), ergibt sich hier kein Abzinsungszeitraum.

Verschiedene Rechenbeispiele sind hierzu aus dem Internet herunterladbar.

Weitere Hinweise:

Die Verwaltungsanweisung der OFD Magdeburg stellt eine konkrete Anleitung für Bilanzierungspraktiker dar. Allerdings ist es danach unzulässig, bestimmte, künftig entstehende Aufwendungen für die Zeit der Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen (z.B. künftige Beschaffung von Archivbehältnissen usw.) abzuschätzen und für diese Kosten eine Rückstellung zu bilden. Dies widerspricht dem Charakter „ungewisser Verbindlichkeiten“, deren Bestehen und Bewertung entscheidend von der künftigen Entwicklung abhängen. Andererseits dürfte die zum Teil vergangenheitsorientierte OFD-Anleitung eine erhebliche Erleichterung für Bilanzierungspraktiker darstellen, die Rückstellungen für aufbewahrungspflichtige Geschäftsunterlagen auf der Basis der Istsituation zum jeweiligen Bilanzstichtag zu ermitteln und für den Steuerpflichtigen eine einfache Möglichkeit, seine Verpflichtungen gegenüber dem Fianzamt selbst zu ermitteln und damit in seine Lebensplanung mit einzubeziehen.

Nicht berücksichtigt wurden in der Verwaltungsanweisung die jährlich entstehenden Kosten für Wartung und Pflege der Hard-/Software (z.B. Durchführung von Updates/Releasewechsel) sowie für Lizenzzahlungen; sie sollten eigentlich ebenfalls in die Rückstellung für Aufbewahrungspflichten einbezogen werden können, sofern sie sich separat ermitteln lassen. Denn nach den seit 1.1.2002 geltenden Vorschriften zur Datenarchivierung (vgl. Graf Kerssenbrock/Riedel, BC 5/2002, S. 109 ff.) haben Unternehmen u.a. elektronische Buchführungsdaten elektronisch auswertbar und unverzüglich lesbar vorzuhalten.

Diese Hinweise ersetzen auch keineswegs das Gespräch mit dem Steuerberater oder dem Fachanwalt für Steuerrecht, der sich mit den Problemen Ihres Einzelfalls befasst und mit Ihnen die geeignete Strategie entwickelt.

 

 

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